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Rezension: Verrechnungssteuer und Stempelabgaben

Rezension: Verrechnungssteuer und Stempelabgaben

Oesterhelt/Tschan: Verrechnungssteuer und Stempelabgaben.
Rezension von Thomas Jaussi

Thomas Jaussi

Thomas Jaussi

lic. iur., dipl. Steuerexperte, Betriebswirtschaftsingenieur HTL/NDS,
Gründer und Partner, JP Steuer AG

Erschienen in folgender Publikation:

Rezension: Verrechnungssteuer und Stempelabgaben
Ausgabe
Seite(n)
340–341

Oesterhelt/Tschan

Verrechnungssteuer und Stempelabgaben

2025, 354 Seiten
CHF 159.–
Stämpfli Verlag, Bern

Info und Bestellung:
www.cosmosverlag.ch

«Das Pferd von hinten aufgezäumt» oder eher «zwei Fliegen mit einer Klappe»? – Nach der Publikation des Buches von Stefan Oesterhelt und Oliver Oppliger zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer im Sommer 2024 (vgl. die Rezension des Autors in: StR 2024, 748 f.) ist jetzt das Werk von Stefan Oesterhelt und David Tschan zur Erhebung der Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben erschienen. Der fiskalische Kreis dieser zwei Steuern hat sich somit geschlossen.

Es handelt sich um eine Fallsammlung gestützt auf Präsentationen der beiden Autoren ab 2017 am Internationalen Steuerseminar des Instituts für Law and Economics (bis 2022: IFF) der Universität St. Gallen sowie an anderen Seminaren. Verdankenswert ist es, dass aus der lebhaften Referententätigkeit dieses «duo fiscale infernale» ein Lehrbuch- und Nachschlagewerk in Form der vorliegenden Fallsammlung geschaffen wurde. Fallsammlungen kann man lieben oder hassen und sie haben als Instrument Vor- und Nachteile. Der Hauptvorteil ist zweifelsohne die Praxisnähe, die Hauptnachteile sind unter Umständen die Unvollständigkeit und eine willkürliche Themenwahl. Dem vorliegenden Werk ist auf jeden Fall zu attestieren, dass es sich um ein praxisnahes Arbeitsinstrument für eine Vielzahl von Fragen im Bereich der Erhebung der beiden Steuern handelt, welches die aktuellen Entwicklungen in der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis berücksichtigt. Der Vorwurf der Unvollständigkeit kann nicht erhoben werden: Aufgeteilt in zehn Kapital liegt eine sachlogisch und systematisch aufgebaute Fallsammlung vor, wobei als Auffanggefäss das letzte Kapitel «Sonstige Themen» dient.

Aufgeteilt in Bereiche wie «Umstrukturierungen», «Finanzierungen», «Kapitaleinlagereserven» oder «Eigene Aktien» findet eine thematische Auseinandersetzung mit allen wichtigen Belangen der Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben statt. Der einer Fallsammlung inhärente topische Ansatz wird innerhalb der einzelnen Themen (soweit dies überhaupt möglich ist) mit dem Top-down-Ansatz ergänzt, was das Verständnis erheblich erleichtert. Die Umsatzabgabe wird zwar in einem eigenen Kapitel auf dem aktuellsten Stand der (Gerichts-)Praxis dargestellt, aber quantitativ angesichts ihrer Wichtigkeit eher stiefmütterlich behandelt. Der Umstand, dass der Versicherungsstempel überhaupt nicht berücksichtigt wurde, darf nicht als inhaltliche Lücke verstanden werden, sondern beruht auf der Tatsache, dass hierzu zurzeit tatsächlich keine Probleme und Aktualitäten zu berücksichtigen sind. Fazit: Der Hauptvorteil «Praxisnähe» ist vollumfänglich erfüllt und die Hauptnachteile «Unvollständigkeit» und «Willkür» bei der Themenwahl können ausgeschlossen werden.

Die zwei Autoren zeigen mit ihrem Werk, dass sie Praktiker sind und die höchsten Gipfel der Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben zu erklimmen vermögen. Die Darstellung der Sachverhalte und der Falllösungen wird logisch, prägnant und schnörkellos vollzogen. Dabei ist die häufig verwendete Visualisierung der Strukturen und Transaktionen für das Verständnis höchst hilfreich. Die Lösungen sind knapp, aber präzise auf das Wichtige und somit Notwendige fokussiert, unnötige Inhalte werden tunlichst vermieden bei gleichzeitiger nahtloser Referenzierung der Quellen.

Die Autoren weisen im Vorwort darauf hin, dass sich das Werk an den Steuerpraktiker richtet. Dies kann bestätigt werden, aber bedarf einer Präzisierung: Das Buch bewegt sich auf einem fachlich sehr hohen Niveau und ist grundsätzlich auf grössere Dimensionen als die für die Schweiz typischen KMU ausgerichtet. Es ist mithin (was jedoch sicherlich auch nicht angedacht war) kein Einsteigerwerk in die zwei Steuerarten zwecks Grundlagenerarbeitung. Ein solides Grundwissen über die Verrechnungssteuer und die Stempelabgaben und praktische Erfahrungen werden vorausgesetzt, damit das Werk seine Funktion als Arbeitsinstrument auch tatsächlich erfüllen kann.

Im Gegensatz zur «Rückerstattung» von Stefan Oesterhelt und Oliver Oppliger fehlt im Vorwort dieses Werkes ein Versprechen der Autoren, erweiterte Neuauflagen in regelmässigen Abständen anzustreben. Aktuell ist das die einzige inhaltliche Unterlassung, die ich den Autoren nachweisen kann.

Zurückkommend auf die Einleitung kann ich als Gesamtfazit festhalten: Es trifft ablaufmässig zu, dass das Pferd von hinten aufgezäumt wurde, was aber vollkommen unerheblich ist. Wichtig ist, dass zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und somit aus Sicht der Steuerpraktikerin und des Steuerpraktikers die Verrechnungssteuer erhebungs- und rückerstattungsseitig und die Stempelabgaben erhebungsseitig durch zwei Werke aktuell, überwiegend vollständig und praxisorientiert abgehandelt worden sind. Gratulation an die zwei Autoren. Es bleibt somit zu hoffen, dass beide Autoren ihre Referententätigkeit weiterhin aktiv ausüben, damit eine laufende Erweiterung des Buches gewährleistet ist.

Thomas Jaussi, lic. iur., dipl. Steuerexperte, Betriebswirtschaftsingenieur HTL/NDS, Partner und Mitinhaber JP Steuer AG, Basel