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Nachruf – Kurt Arnold

Nachruf – Kurt Arnold

Kurt Arnold (1940–2025) wählte politisch, gesellschaftlich und auch im Beruf stets das Faire und die sachlich richtige Mitte. Seine Mitarbeiter, zunächst beim Aargauischen Steueramt, später bei der Kreditanstalt und schliesslich als Präsident der Bankiervereinigung, führte er mit menschlichem Mitgefühl und genoss weitherum grosses Vertrauen. Im Zentrum seines Lebens standen seine Frau Elsbeth, seine Tochter und sein Sohn und die vier Enkelkinder, denen er sehr fehlen wird.

Urs Ursprung

ehemaliger Direktor der ESTV

Erschienen in folgender Publikation:

Nachruf – Kurt Arnold
Ausgabe
Seite(n)
507–508

Kurt Arnold (1940–2025) hätte das Rüstzeug für eine wissenschaftliche Karriere gehabt, aber es lag ihm mehr, in der Praxis tragfähige Lösungen zu entwickeln und diesen zum Erfolg zu verhelfen. Politisch, gesellschaftlich und im Beruf suchte er die sachlich richtige Mitte. Er wählte das Faire und lehnte das Extreme in allen Formen ab. Und trotz internationaler Gewandtheit blieb er als aktives SAC-Mitglied und als ehemaliger Adjutant eines Gebirgsinfanterieregimentes mit der Schweiz und ihrer Bergwelt verbunden.

Als Sohn eines Bahnangestellten begann Kurt Arnold die Verkehrsschule in Luzern. Ein Lehrer ermunterte ihn, die Mittelschule und das Studium zu ergreifen. An der HSG schloss er als Ökonom ab und doktorierte mit einer rechtswissenschaftlichen Arbeit1. Erste berufliche Erfahrungen sammelte er in der Industrie bei Philip Morris in Neuchâtel und bei Dätwyler in Altdorf. Als Quereinsteiger wurde er zum Vorsteher des Aargauischen Steueramtes berufen, das er von 1976 bis 1983 leitete. Umsichtig und mit vielen Gesprächen führte er die vielen notwendig gewordenen Reformen durch und schuf eine schlanke Organisation, die lange Jahre anhielt. Er führte mit menschlichem Mitgefühl, bei Fehlentwicklungen griff er aber konsequent ein. Er holte Informatikkompetenz ins Amt. Er initiierte eine Totalrevision aller Steuergesetze: Die extrem hohe aargauische Steuerbelastung von Erbschaften und Schenkungen, die zu einem Wegzug von guten Steuerzahlern in «günstigere» Kantone führte, wurde um ein Mehrfaches reduziert. Im Gegenzug wurde die Grundstückgewinnsteuer, die zuvor nur bei Besitzesdauern von bis zu 10 Jahren anfiel, zeitlich ausgedehnt und gesenkt. Steuerumgehungen durch Einmalprämienversicherungen wurden – erstmalig in der Schweiz – durch eine Besteuerung des Kapitalertragsanteils eingeschränkt.

Mit der Erfahrung aus Industrie und Verwaltung kam er 1984 als Steuerkonsulent zur damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, später Credit Suisse). Sein erster Chef war Viktor Erne, ein überlegter Generaldirektor mit Bodenkontakt. Die Entwicklung der Schweizer Grossbank zum internationalen Finanzkonzern brachte auch der Steuerabteilung enorme Herausforderungen. Übernahmen, Abspaltungen, Umstrukturierungen und immer komplexere internationale Verflechtungen gehörten fast zum täglichen Brot. Die Zahl der Finanzprodukte, fast immer auch mit steuerlichem Hintergrund, nahm exponentiell zu. Kurt Arnold lehnte extreme Produkte ab. Diese von ihm begründete Kultur trug dazu bei, dass die CS 2008 nicht in die Subprime-Krise tappte.

Als Vertreter einer Grossbank spielte Kurt Arnold auch eine wichtige Rolle in der Steuerkommission der Bankiervereinigung. Sehr bald wurde er zum Präsidenten dieser wichtigen Kommission ernannt. Er setzte sich trotz manchmal gegensätzlicher Auffassungen für eine gute Kooperation mit den Behörden ein. Ein Ausdruck davon ist die laufend nachgeführte, extrem wachsende Kursliste der ESTV, die in enger Zusammenarbeit mit den Banken erstellt wurde und wird. Das weitgehend gemeinsame Verständnis hinter dieser Liste führt dazu, dass Banken und Steuerzahlende von Anfang an richtige Wertschriftenverzeichnisse erstellen können. Die fachliche Kompetenz von Kurt Arnold in DBA- und Amtshilfefragen, die für die Schweiz immer bedeutender wurden, war im In- und Ausland gefragt. Als Kommissionpräsident kam er vermehrt auch mit politischen Entscheidungsträgern in Kontakt. In seinen Auftritten vor den parlamentarischen Kommissionen bemühte er sich um Sachlichkeit und Augenmass. Im Freundeskreis gab er auch immer wieder seiner Sorge über die extreme Geldgier einiger Bankführer Ausdruck. Er erkannte schon bald, dass sich daraus ein Vertrauensverlust und letztlich eine Entfremdung der Finanzindustrie zur normalen Wirtschaft und zur Bevölkerung entwickeln würde.

Kurt Arnold genoss weitherum grosses Vertrauen. So wurde er zum Präsidenten der Landesgruppe Schweiz der International Fiscal Association (IFA) gewählt. Die Veranstaltungen zu seiner Zeit zeichneten sich durch inhaltliche Breite und politische Voraussicht aus. Neben den IFA-Klassikern aus dem internationalen Unternehmenssteuerrecht wurden auch nationale Themen behandelt. An einer Tagung über die Abschaffung des Eigenmietwertes wurde schon früh die Komplexität des Themas erkennbar. Als seinen Nachfolger für das IFA-Präsidium baute er einen Vertreter der Westschweiz auf. Das war für die Entwicklung der IFA wichtig und führte auch zu einer führenden Stellung der Schweiz innerhalb der IFA.

Nach seiner Pensionierung wurde er gebeten, einige Mandate weiterzuführen. Er intensivierte seine Bergtouren. Er liess auch nicht nach, nachdem er – trotz Begleitung durch einen Bergführer – unter eine Lawine geraten war. Es sei ihm ein zweites Leben geschenkt worden, erzählte er später. In der von Viktor Erne gegründeten Gruppe «Wandern und Kultur» prägte er manchen Anlass. Seit 1976 spielte er regelmässig in einer Jassgruppe mit, die anfänglich ausschliesslich aus aargauischen Steueramtsvorstehern bestand. Der letzte Spielabend kurz vor seinem Tod endete unentschieden.

Im Zentrum seines Lebens stand seine Familie, die er mit Elsbeth 1974 gegründet hatte. Eine Tochter und ein Sohn sowie vier Enkelkinder gaben ihm und Elsbeth Hüteaufgaben, vor allem aber Erfüllung. Kurt Arnold wird ihnen und seinen Freunden sehr fehlen.

Ich danke Fritz Müller und Robert Senn für ihre Beiträge zu diesem Nachruf herzlich.

Urs Ursprungehemaliger Direktor der ESTV

Fussnoten

Kurt Arnold, Die missbräuchliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach französischem und schweizerischem Recht – Ein Vergleich. Rechts- und Verwaltungswissenschaftliche Reihe der HSG, Band 9, 1970