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Haben Sie Benzin im Blut, Toni Amonn?

Haben Sie Benzin im Blut, Toni Amonn?

Toni Amonn beantwortet im Rendez-vous unsere – nicht unbedingt fachspezifischen – Fragen.

Erschienen in folgender Publikation:

Haben Sie Benzin im Blut, Toni Amonn?
Ausgabe
Seite(n)
86–88

Name: Toni Amonn

Beruf/Position: Steueranwalt, Partner bei Law Firm Switzerland

Familie: verheiratet, vier Söhne

Hobbys: Familie, Reisen, Motorsport

Warum wurden Sie Steueranwalt? Was wären Sie sonst geworden?

Für das Jurastudium habe ich mich entschieden, weil ich eine Ausbildung machen wollte, die mir die Möglichkeit gibt, selbständig erwerbstätig zu werden. Im Studium war das Steuerrecht das einzige Fach, das ich nicht auf Anhieb begriffen habe. In meiner ersten Steuerrechtsvorlesung habe ich nur «Bahnhof» verstanden. Das gab mir den Anreiz, mich vertieft damit zu befassen.

Leben Sie für das Steuerrecht?

Steuerrecht ist sicher nicht mein Leben, aber doch auch nicht ganz unwichtig. Ich gehe noch heute jeden Tag gerne zur Arbeit, weil mich das Fachgebiet nach wie vor sehr interessiert.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Leben und leben lassen – ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch und mische mich daher auch nicht in das Leben anderer ein. Toleranz ist wichtig und hat erst dort Grenzen, wo andere erheblich beeinträchtigt werden.

Haben Sie eine (geheime) Leidenschaft (neben dem Steuerrecht)?

Motorradfahren – vielleicht hängt das auch mit dem Gefühl von Freiheit zusammen. Inzwischen fahre ich auch mit meinen Söhnen, mit einem von ihnen auch regelmässig auf der Rennstrecke (allerdings keine Rennen).

Haben Sie Benzin im Blut?

Ja, wahrscheinlich schon, jedenfalls sicher mehr als Alkohol.

Was war Ihr Berufswunsch als Kind – und warum ist nichts daraus geworden?

Ich hatte als Kind noch keinen Berufswunsch (sicher nicht Steueranwalt). Mein Vater war Arzt, aber mich hat dieser Beruf nicht gereizt. Von ihm habe ich vielleicht den Wunsch nach Selbständigkeit übernommen. Ich wusste bis Ende des Gymnasiums nicht, was ich studieren soll. Für das Jurastudium habe ich mich erst in der RS entschieden.

Was macht einen erfolgreichen Steueranwalt aus?

Das ist vermutlich individuell und nicht bei allen gleich. Zudem kann man Erfolg unterschiedlich definieren. Für mich bedeutet Erfolg, dass die eigene Arbeit von den Klienten geschätzt wird und ich selbst daran Freude habe. Als Steueranwalt braucht es sicher ein gewisses Mass an Know-how (ohne ein Genie zu sein), dann auch ein gutes Team und die Fähigkeit, mit Menschen umzugehen (Klienten und Behörden).

Was tun Sie in Ihrer Freizeit? Haben Sie überhaupt welche?

In den letzten zwanzig Jahren habe ich die Freizeit fast ausschliesslich mit meiner Familie verbracht. Es war und ist mir wichtiger, Zeit für die Familie zu haben, als auch am Wochenende und in den Ferien Umsatz zu bolzen. Als meine Jungs noch kleiner waren, haben wir viele Wochenenden mit Rennkartfahren verbracht, heute eher mit Motorradfahren.

Den Sommer verbringen Sie jeweils auf Elba. Träumen Sie von einem Leben im Süden?

Ja, Elba ist eine Art zweite Heimat für meine ganze Familie. Ein Leben im Süden könnte ich mir gut vorstellen, allerdings nur als (Langzeit-)Tourist (die Bürokratie ist schrecklich) und im Winter eher in einer Stadt als auf einer Insel.

Wen möchten Sie unbedingt auf ein Feierabendbier treffen?

Am liebsten meine langjährigen Freunde. Ich treffe in meinem Beruf fast täglich viele interessante Leute, aber ich habe nicht das Bedürfnis, den Feierabend mit ihnen zu verbringen. Einen guten Freundeskreis zu pflegen ist wichtiger.

Sie haben zwei Jahre am IBFD in Amsterdam verbracht – was haben Sie mitgenommen?

Schöne Erinnerungen und ein paar gute Freunde, die mir bis heute erhalten geblieben sind. Dann natürlich die Grundkenntnisse des internationalen Steuerrechts sowie die holländische Sprache. Amsterdam hat ein eigenartiges Flair – jeder, der dort hinzieht, fühlt sich innert kürzester Zeit zu Hause. Die Schweiz ist aber unter dem Strich schöner und lebenswerter.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären das?

Gesundheit und Frieden, das reicht.

Glauben Sie an eine höhere Macht?

Ja, ich bin auf meine eigene Art gläubig, allerdings ohne die Institution der Kirche. Ich glaube, dass das eigene Verhalten über kurz oder lang auf einen selbst zurückfällt, im Guten wie im Schlechten.

Welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren Selbst geben?

Positiv zu denken und positiv durch das Leben zu gehen. Junge Leute sollten offen sein, möglichst viel zu lernen und zu erleben, aber auch die Bereitschaft haben, Leistung zu erbringen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass gerade die Jüngeren zu schnell resignieren. Sicher kann man nicht alle Aspekte des Lebens selbst beeinflussen, aber man kann mit einer positiven Einstellung zum Leben sehr viel mehr erreichen als viele denken (Stichwort «serendipity»).

Haben Sie schon einmal so richtig Glück gehabt? Was ist passiert?

Ich habe eigentlich ständig Glück gehabt in meinem Leben. Zwar habe ich mit 19 meinen Vater verloren, aber ich hatte eine fürsorgliche Mutter und zwei mir eng verbundene Brüder. Später habe ich eine wunderbare Frau geheiratet und wir hatten das Glück, vier herrliche Söhne zu bekommen. Schliesslich hat sich auch geschäftlich immer alles gut entwickelt und ich bin dankbar, dass ich mit meinem Geschäftspartner und dem ganzen Team nie persönlichen Stress hatte.

Worüber haben Sie Ihre Meinung radikal geändert und warum?

Zum Verhältnis der Schweiz zur EU. Ich war 1992 total frustriert, dass der EWR in der Volksabstimmung scheiterte. Heute bin ich dankbar dafür und inzwischen sogar überzeugt, dass wir das Rahmenabkommen auf keinen Fall abschliessen sollten. Wir müssen den Mut haben, unabhängig zu bleiben, selbst unter Inkaufnahme von Nachteilen. Dieser Schaden ist langfristig wesentlich geringer als die Preisgabe unserer Freiheit und Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit ist die DNA der Schweiz, ohne sie braucht es die Schweiz nicht. Im EU-Mainstream würden wir politisch und wirtschaftlich untergehen. Das sehen übrigens auch praktisch alle unsere Klienten so, die EU-Bürger sind.

Was macht Ihnen Angst?

Die wirtschaftliche Entwicklung in Europa. Die EU fährt ihre Wirtschaft aus ideologischen Gründen an die Wand, weil sich die Politik vom Volk vollständig abgekoppelt hat. Ich spreche viel mit jungen Deutschen (Freunden unserer Söhne) – die haben jede Hoffnung verloren und wollen Deutschland verlassen. Das ist mehr als bedenklich. Längerfristig bin ich aber optimistisch. Wenn die Misere gross genug ist, wird es ein Umdenken geben. Die junge Generation muss wieder lernen, die Ärmel nach hinten zu krempeln und für den Wohlstand zu kämpfen. Ich glaube, dass sie das schaffen werden.

Zum Abschluss noch eine steuerpolitische Frage: Sie betreuen unter anderem Pauschalbesteuerte. Wie stehen Sie zu diesem Instrument?

Es ist ein Steuersystem, das aus zahlreichen Gründen seine Berechtigung hat. Ich betrachte die Zielgruppe als «Passivmitglieder», die ihr Geld nicht hier verdienen, sondern es nur hier ausgeben und dafür auch noch sehr kräftig Steuern bezahlen. Die Pauschalierten gehören zu den absolut besten Steuerzahlern, was viele nicht wissen oder nicht wahrhaben wollen. Im Kanton Bern z. B. gibt es total etwa 200 Personen, die über eine Million Einkommen versteuern – davon dürften mehr als die Hälfte Pauschalierte sein. Viel wichtiger als die Steuern ist jedoch die Wertschöpfung, die sie auslösen. Diese beläuft sich auf viele Milliarden (gesamtschweizerisch).