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Nicht deklarierte steuerbare Umsätze aus Parkplatzvermietungen sind einer der häufigsten Gründe für eine Steuernachbelastung anlässlich einer MWST-Kontrolle. Dies hat mitunter damit zu tun, dass das Thema Parkplätze und MWST sehr komplex ist. Wir wollen Ihnen deshalb mit nachfolgenden Ausführungen eine Übersicht über die Thematik verschaffen und Ihnen die verschiedenen steuerlichen Aspekte und Stolpersteine aufzeigen.
Unter dem Begriff "Parkplatz" versteht die ESTV jegliche markierten und unmarkierten Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen (z.B. Einzelgaragen, Autounterstände, offene oder abschliessbare Garagenboxen, Einstellhallenplätze z.B. in Tiefgaragen oder Parkhäusern). Aber auch Boots- und Trockenplätze (z.B. auf Wiesen, Kies- und Sandplätzen) gelten für die Belange der MWST als Parkplätze. Als Fahrzeuge gelten hauptsächlich Automobile, Motorräder, Motorfahrräder, Fahrräder, Anhänger, Baumaschinen, landwirtschaftliche Maschinen, aber auch Boote und Flugzeuge.
Um eine korrekte steuerliche Beurteilung bei der Vermietung von Parkplätzen vornehmen zu können, ist zu unterscheiden, ob es sich beim fraglichen Parkplatz um einen
handelt.
Die Vermietung von im Gemeingebrauch stehenden Parkplätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ist im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 Bst. c MWSTG von der Steuer ausgenommen. Im Gemeingebrauch stehen ausschliesslich folgende Parkplätze, welche sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden oder von dieser im Baurecht übernommen worden sind.
Alle anderen Parkplätze[2], welche nicht im Gemeingebrauch stehen, unterliegen beim steuerpflichtigen Vermieter grundsätzlich der Steuer zum Normalsatz von derzeit 8%.
Bis hierher wäre die Unterscheidung zwischen im Gemeingebrauch stehenden und nicht im Gemeingebrauch stehenden Parkplätzen und somit auch die Unterscheidung zwischen einer von der Steuer ausgenommenen und einer steuerbaren Parkplatzvermietung relativ problemlos möglich. Doch ganz nach dem Grundsatz „Keine Regel ohne Ausnahme“ sieht das MWSTG in Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 Bst. c bei den nicht im Gemeingebrauch stehenden Parkplätzen wiederum eine Steuerausnahme vor, wenn es sich bei der Parkplatzvermietung um eine unselbständige Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung handelt.
Folgende Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine unselbständige Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung vorliegt:
Die Vermietung eines Parkplatzes in der Tiefgarage einer Überbauung zusammen mit einer Wohnung in dieser Überbauung ist somit zweifelsfrei von der Steuer ausgenommen. Doch wie verhält es sich, wenn nicht eine Wohnung, sondern z.B. ein Bastel- oder Lagerraum zusammen mit einem Parkplatz in dieser Überbauung vermietet werden? Kann die Vermietung des Bastel- oder Lagerraums noch eine Hauptleistung darstellen und der Parkplatz eine Nebenleistung dazu? Ein Sachverhalt, der gang und gäbe ist, aber trotzdem von der ESTV steuerlich in ihren Publikationen leider nirgends abgebildet wird. Somit bleibt in Fällen, in denen keine eindeutige Qualifikation des Parkplatzes als unselbständige Nebenleistung zu einer Hauptleistung vorgenommen werden kann, nur die jeweilige Beurteilung des Einzelfalles.
Einfach und klar geregelt ist die steuerliche Behandlung von Parkplätzen für das Personal, für Kunden und Lieferanten. Bei der unentgeltlichen Zurverfügungstellung von Parkplätzen an die Angestellten ist basierend auf Art. 47 Abs. 3 MWSTV keine Steuer geschuldet, selbst dann nicht, wenn diese Parkplätze den Angestellten zur alleinigen, zeitlich uneingeschränkten Benützung dienen. Dasselbe gilt für die Parkplätze, die den Kunden und Lieferanten gratis zur Verfügung gestellt werden.
Bei der entgeltlichen Zurverfügungstellung der Parkplätze an diese Personengruppen unterliegt das Entgelt hingegen der Steuer zum Normalsatz.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Privatpersonen aus der Vermietung von Parkplätzen (und notabene auch Ferienwohnungen und -häusern) steuerbare Umsätze erzielen und sich somit die Frage stellen müssen, ob sie durch diese Vermietungen obligatorisch steuerpflichtig werden.
Während Parkplätze im Eigentum von juristischen Personen und Personengesellschaften als Geschäftsvermögen gelten und somit dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden, sind diese bei Einzelunternehmungen primär dem Privatvermögen, d.h. dem nicht unternehmerischen Bereich zuzuordnen.
Die ESTV erachtet solche Vermögenswerte für die Belange der MWST insbesondere dann als Geschäftsvermögen (= unternehmerischer Bereich) einer Einzelunternehmung, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
Die Vermietung von steuerbaren Parkplätzen im Umfang von jährlich mehr als CHF 40‘000 inkl. MWST stellt bei einer Privatperson somit einen eigenen Betrieb oder Betriebsteil dar. Wird die Umsatzgrenze von CHF 100‘000 innerhalb eines Jahres aus solchen Parkplatzvermietungen überschritten, löst dies die obligatorische Steuerpflicht der Privatperson bzw. Einzelunternehmung aus.
Die Vermietung von Parkplätzen stellt insbesondere an LiegenschaftseigentümerInnen bzw. deren Treuhandgesellschaften und Liegenschaftsverwaltungen hohe Anforderungen. Diese haben aufgrund verschiedener Kriterien nicht nur zu prüfen, wie die jeweiligen Umsätze steuerlich zu behandeln sind, sondern sind auch gefordert, wenn es darum geht, die Frage nach der obligatorischen Steuerpflicht des Parkplatzvermieters zu beantworten.
Von Graffenried AG Treuhand | www.graffenried.ch
Mehrwertsteuer, Fachartikel, Immobilien | 11. Oktober 2016