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Wo liegt Ihr Sehnsuchtsziel, Roger Krapf?

Roger Krapf beantwortet im Rendez-vous unsere – nicht unbedingt fachspezifischen – Fragen.

Name: Roger Krapf

Beruf/Position: Managing Partner Tax & Legal Switzerland, EY

Familie: verheiratet mit Maja

Hobbys: Skifahren und wandern, Geschichte und Zeitgeschehen, Kunst und Kultur, die Welt entdecken

Warum wurden Sie Steuerberater? Was wären Sie sonst geworden?

Ich habe an der Universität St. Gallen die damalige Vertiefungsrichtung Revision und Treuhand besucht und wollte Bücherexperte werden, wie das damals hiess. Dabei fand ich die Steuervorlesung von Prof. Walter Jakob sehr interessant und habe schliesslich meine Diplomarbeit (entspricht der heutigen Masterarbeit) bei ihm geschrieben. Er hat mir auch die Tür für ein Vorstellungsgespräch bei der Wirtschaftsprüfung bei EY geöffnet. Schliesslich habe ich mich aber dennoch für den Karriereeinstieg im Bereich Steuern entschieden. Meine Geschichte und die von vielen anderen Partnerkollegen erinnert mich immer wieder daran, dass wir den Berufsstand der Steuerberater besser vorstellen und bewerben müssen. Für Studentinnen und Studenten ist es fast unmöglich, sich eine Vorstellung von unserer spannenden und kreativen Tätigkeit zu machen.

Leben Sie für das Steuerrecht?

Ich war über 25 Jahre mit Leib und Seele Vollzeit-Steuerberater. Heute habe ich zwar deutlich weniger Zeit für die eigentliche Steuerberatung, die steuerrechtlichen Herausforderungen faszinieren mich aber immer noch sehr. So durfte ich letztes Jahr u. a. in einem der wenigen SPAC-Fälle, welche die Schweiz gesehen hat, beraten. Leider wurde die Transaktion auf der Zielgeraden abgeblasen, wie so viele andere auch. Ich erachte es auch als Privileg, dass ich in Bezug auf das schweizerische und das liechtensteinische Steuerrecht beraten darf. Das ist nur wenigen vergönnt. Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang die grenzüberschreitende Beratung – oft in der Konstellation Family Office in Liechtenstein und operative Tätigkeit oder Gruppenholding in der Schweiz. Schliesslich engagiere ich mich auch im Bereich der OECD-Steuerreform – weniger in den Tiefen von Tax-Accounting-Fragen als vielmehr in der Planung aus der Sicht privat gehaltener UPE.

Welche drei Stichworte beschreiben Ihren Alltag?

Gespräche – dicht gedrängt – gut vorbereitet: An sehr vielen meiner Tage finden Gespräche oder Video-Calls dicht gedrängt statt, oft im Stunden- oder Halbstundentakt. Dabei bin ich sehr froh um die vielen motivierten, kompetenten und tollen Kolleginnen und Kollegen, welche mich unterstützen.

Was bringt Sie auf die Palme?

Es ist schwierig, kritische Fragen stellen zu müssen, wenn der Empfänger diese von seinem Naturell her nicht hören und er stattdessen lieber seine eigene, ganz persönliche Erfolgsgeschichte erzählen möchte. Das braucht ab und zu etwas Geduld.

Wo liegt Ihr Sehnsuchtsziel?

Für meine Frau und mich liegt das Sehnsuchtsziel oft dort, wo uns unsere nächsten Ferien hinführen. Wir schätzen die Abwechslung – sei es ein neuer Berg, ein anderes Land oder eine noch nie besuchte Stadt. Alle paar Jahre führt uns unser Weg auch nach Afrika. Nach einer Safari in der Weite der Savanne zu stehen und den «Sundowner» zu geniessen, gehört zu den ganz besonderen Erlebnissen.

Was macht einen erfolgreichen Steuerberater aus?

Der Bereich des Steuerrechts, wie er von den Big4 heute abgedeckt wird, ist sehr breit und vielfältig. Ich kann deshalb nicht für alle Steuer-Kolleginnen und -Kollegen sprechen. Im traditionellen Bereich des internationalen Unternehmenssteuerrechts spielen aber sicherlich die Verknüpfung von kaufmännischem und rechtlichem Wissen und die Anwendung dieses Wissens in der kreativen Lösungsfindung eine entscheidende Rolle. Dabei braucht es Geduld und Hartnäckigkeit, die richtige Lösung zu recherchieren und im Verhandlungsprozess mit den Behörden zu entwickeln. Entsprechend war es mir in meinem eigenen Team immer ein Anliegen, eine ausgewogene Mischung von Ökonomen und Juristen zu vereinen.

Haben Sie auch mal die Nase voll von Ihrer momentanen Tätigkeit?

Bis jetzt glücklicherweise nicht. Wir sind ein sehr dynamisches, schnell wachsendes und erfolgreiches Steuerteam und haben den Anspruch, das internationalste Steuerberatungsunternehmen der Schweiz mit dem stärksten «Brand» zu sein. Vor diesem Hintergrund bieten sich laufend neue Herausforderungen und die Arbeit mit den Partnern und Mitarbeitenden macht sehr viel Spass.

Was tun Sie in Ihrer Freizeit? Haben Sie überhaupt welche?

Abschalten kann ich sehr gut auf Wander- und Bergwegen, sei es auf dem Cheval Blanc oberhalb Emosson, auf dem Weg zum Gipfel des Brisen hoch über dem Vierwaldstättersee oder auf dem Weg zu Alvier oder der Meglisalp, sozusagen vor unserer Haustüre. Ist das Wetter schlecht, geniesse ich ein gutes Buch oder besuche eine Ausstellung.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Ein Wunsch wäre sicherlich, (wieder) fliessend Französisch sprechen zu können. Wie bei so vielen meiner Generation war mein Französisch einst deutlich besser als mein Englisch. Es ist sozusagen déformation professionelle in einer Big-4-Gesellschaft, dass Englisch als täglich benutzte Sprache Französisch über die Jahre in den Hintergrund drängte. Heute würde ich es sehr schätzen, mit den Kolleginnen und Kollegen an unseren beiden Standorten in Lausanne und Genf in ihrer Sprache diskutieren zu können.

Was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen (nicht mehr als drei Dinge)?

Inseln sind zwar häufig sehr spannende Reiseziele, es darf sich nach meinem Geschmack aber durchaus etwas Infrastruktur oder eine spannende Stadt darauf befinden. Jedenfalls wären die drei Dinge 1) meine Frau, 2) gute Lektüre und 3) die Wanderschuhe zum Entdecken der Insel.

Welches Buch lesen Sie gerade?

«China nach Mao» von Frank Dikötter. Er beschreibt die Wirtschaftspolitik Chinas der letzten Jahrzehnte und schliesst daraus, dass sich weder das politische Leben noch das wirtschaftliche System im Sinne der westlichen Erwartungen verändern dürften. Sowohl aus der Geschichte der letzten Jahrzehnte wie auch aus den Äusserungen der Regierung lässt sich nach Dikötter klar herauslesen, dass es nie einen Zweifel am Primat des Staates und der Kommunistischen Partei gegeben habe. Ich finde diese Aussagen vor dem Hintergrund der riesigen Investitionen westlicher Unternehmen in China hochinteressant: Man ist miteinander verbunden und betreffend den Erfolg voneinander abhängig – Systeme und Werte sind aber äusserst verschieden und entfernen sich gegenwärtig eher, als dass sie sich annähern würden. Eine spannende Ausgangslage für die nächsten Jahre …

Gibt es etwas, das Sie extrem nervt im Steuerbereich?

Das schweizerische Steuersystem hat viele Vorteile, welche auch unsere Kunden zu schätzen wissen. Es ist sehr stabil, langfristig, wirtschaftlich erfolgreich und ausbalanciert, nimmt auf Minderheiten Rücksicht und bietet weniger Ungleichheit und soziale Unrast als viele andere Systeme. Manchmal würde man sich – und das ist dann wohl die andere Seite der Medaille – aber etwas mehr Mut (und etwas weniger Lobbyismus) wünschen. So ist es schwer verständlich, weshalb wir seit so vielen Jahren über den Eigenmietwert streiten und ihn zusammen mit der Heiratsstrafe nicht längst ins Museum verbannt haben.

Haben Sie ein Vorbild/Vorbilder?

Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob es eher eine Stärke oder eine Schwäche ist, dass ich mich weniger an anderen orientiere und oft meinen eigenen Weg gehe.

Waren Sie gut in der Schule?

Ja, das darf man sicher so sagen. Eine Folge davon ist, dass mir die Ausbildung unserer Mitarbeitenden sehr wichtig ist.