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Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht: DBG und StHG

Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer und Kommentar zum Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden.

Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer

Martin Zweifel / Michael Beusch (Hrsg.)

Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer

2022 (2. Auflage), 3213 Seiten

CHF 498.–

Helbing Lichtenhahn Verlag, Basel

Bestellungen unter www.cosmosverlag.ch

Gestützt auf diverse Gesetzesrevisionen sowie die Entwicklungen in der Rechtsprechung wurde der Kommentar zum DBG verdienstvollerweise stark überarbeitet und in 4. Auflage neu herausgegeben. Auch zahlreiche Neuerungen in den Kreisschreiben der ESTV sind in die Neuauflage eingeflossen. Die Kommentierung des DBG ist somit auf den neusten Stand gebracht worden. Mitgewirkt hat ein hochkarätiges Autorenteam aus Vertretern und Vertreterinnen von Wissenschaft und Praxis.

Einleitend enthalten die Ausführungen zu Art. 1 von Prof. Dr. iur. Adriano Marantelli wesentliche steuertheoretische und historische Grundlagen, die auch für die Auslegung von weiteren Bestimmungen wertvoll sind. Zudem findet man dort in konziser Form einen Überblick über aktuelle steuerpolitische Themen.

Der Rezensent beleuchtet anschliessend punktuell einige Themen, die ihm von Interesse scheinen, ohne damit Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Der Kommentar ist für jede Bestimmung des DBG hilfreich, mit der man sich in Theorie und Praxis auseinandersetzt.

Von zunehmender praktischer Bedeutung sind beispielsweise Konstellationen, bei welchen nur ein Ehegatte in der Schweiz Wohnsitz hat, obschon die Ehe weder rechtlich noch faktisch getrennt ist. Dort ist unbestritten, dass nur der in der Schweiz ansässige Ehegatte hier steuerpflichtig ist und dass nur sein Einkommen der direkten Bundessteuer unterliegt. Grundsätzlich gilt jedoch auch dort die Familienbesteuerung, d. h. die Faktorenaddition bzw. der Verheiratetentarif (Rz. 19 zu Art. 9). Allerdings setzt dies voraus, dass auch das Einkommen des im Ausland ansässigen Ehegatten hier deklariert wird. Andernfalls sollen diese Faktoren nach pflichtgemässem Ermessen geschätzt werden. Diese auf einem schon älteren und ausgesprochen knapp begründeten Bundesgerichtsentscheid beruhende Praxis müsste hinterfragt werden, da die Ermessenstaxation eine Verletzung von Verfahrenspflichten voraussetzt und der im Ausland wohnhafte Ehegatte mangels Steuerpflicht hier keine Mitwirkungspflicht hat. In solchen Fällen kann eine getrennte Besteuerung die sachgerechtere Lösung sein.

Der Kommentar erläutert in Rz. 159 ff. zu Art. 20 die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Kapitaleinlageprinzips und enthält ab Rz. 180 ff. detaillierte Ausführungen zum gesetzlich nicht definierten Begriff der ‹Kapitaleinlage›, unter Bezugnahme auf das Kreisschreiben bzw. die Praxis der ESTV sowie die Rechtsprechung. In Rz. 190 wird die Praxis der ESTV zurecht kritisiert, wonach der bilanzielle Ausweis in der Handelsbilanz unabdingbare Voraussetzung für die einkommenssteuerrechtliche Anerkennung von Kapitalanlagen bilden soll. Die dort erwähnte Begründung könnte noch ergänzt werden: Die Aktionäre, um die es hier geht, haben oft keinen Einfluss auf die Gestaltung der Handelsbilanz; falls die (Schweizer) Gesellschaft Kapitaleinlagen nicht explizit als solche verbucht hat, muss ihnen der Nachweis, dass eine Kapitalrückzahlung vorliegt, auch anders als mittels Handelsbilanz offenstehen, andernfalls wird Einkommen besteuert, das gar kein solches darstellt. Art. 20 Abs. 3 DBG enthält – im Unterschied zum VStG – kein Verbuchungserfordernis und die verfahrensrechtliche Bestimmung (Art. 125 Abs. 3 DBG) konkretisiert bloss die Mitwirkungspflicht, ist aber nicht abschliessend. Steuerentlastende Tatsachen können auch anders als in der dort definierten Form erbracht werden. Zudem wird bei ausländischen Gesellschaften der Nachweis, dass Kapitaleinlagen vorliegen, ebenfalls in anderer Form zugelassen (Rz. 253). Dies führt zu einer aus Sicht des Aktionärs sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung. Wenn tatsächlich Kapitaleinlagen vorliegen und das Gesetz deren Rückzahlung nicht besteuern will, weil solche Zahlungen keine Einkünfte darstellen, darf es für diesen Nachweis keine Rolle spielen, ob die Gesellschaft den Schweizer Buchführungsregeln unterliegt oder nicht, jedenfalls wenn es um die Einkommenssteuer geht.

In Rz. 97 ff. zu Art. 57 widmet sich der Kommentar u. a. der gewinnsteuerrechtlichen Behandlung von Kryptowährungen und ICOs und nimmt dabei Bezug auf das entsprechende Arbeitspapier der ESTV (das allerdings kürzlich bereits wieder überarbeitet worden ist). Dort werden die wichtigsten in der Praxis verwendeten Begriffe erläutert und diverse Meinungsverschiedenheiten bezüglich ihrer steuerrechtlichen Behandlung aufgezeigt.

Ausführlich kommentiert werden die Regeln zur steuerneutralen Aufdeckung stiller Reserven bei Beginn der Steuerpflicht (Art. 61a) bzw. deren Besteuerung beim Ende der Steuerpflicht (Art. 61b). Der Kommentar erläutert Sinn und Zweck dieser Normen und enthält Antworten auf zahlreiche Fragen, wie etwa, was unter ‹Beginn› bzw. ‹Ende der Steuerpflicht› zu verstehen ist, welche stillen Reserven von der Norm erfasst werden, welche Bewertungsregeln gelten und vieles mehr.

Zahlreiche Neuerungen ergaben sich aufgrund der Quellensteuerrevision von 2021. Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Neuregelungen gemäss Art. 89a bzw. 99a, welche unbeschränkt bzw. beschränkt Steuerpflichtigen unter bestimmten Bedingungen das Recht einräumen, eine nachträgliche ordentliche Veranlagung zu verlangen. Der Kommentar erläutert im Detail die Hintergründe und die Neuregelung unter Einbezug relevanter Doppelbesteuerungsabkommen.

Ausgesprochen ausführlich kommentiert wird Art. 146 zum Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht. Obschon diese Bestimmung nur ganz kurz ist, findet man dort unzählige Erläuterungen zu den Rechtsmittelmöglichkeiten vor Bundesgericht – angefangen bei der historischen Entwicklung des Rechtsmittelsystems über sämtliche Einzelheiten des Verfahrens bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bis hin zur subsidiären Verfassungsbeschwerde.

Einigen Fragen der Trustbesteuerung widmen sich Rz. 20 ff. zu Art. 66 (vermutlich weil der Trust evtl. künftig wie eine Stiftung behandelt werden soll, was freilich noch nirgends in der Schweiz so praktiziert wird). Man findet dort eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Besteuerungsprinzipien (hauptsächlich basierend auf dem einschlägigen Kreisschreiben der SSK). Zweitens enthält der Kommentar in Rz. 25 zu Art. 66 eine Übersicht der im Zusammenhang mit der im Parlament diskutierten Einführung eines Schweizer Trustrechts vorgeschlagenen Besteuerungsnormen, die von den Autoren zurecht stark kritisiert werden. Nach Auffassung des Rezensenten stellen sich Besteuerungsfragen bei Trusts auf Ebene DBG – de lege lata – primär bei der Einkommenssteuer (Art. 16). Eine der Schwierigkeiten besteht allerdings darin, dass eine sachgerechte Besteuerung beim Einkommen u. a. auf die schenkungssteuerrechtliche Behandlung abgestimmt sein sollte (womit auch ein Zusammenhang zu Art. 24 besteht).

Insgesamt verdienen die Herausgeber und Autoren dieses Kommentars Anerkennung und Dank für die geleistete und wertvolle Arbeit. Das Werk ist allen zu empfehlen, die sich in Lehre und Praxis mit Fragen der direkten Bundessteuern auseinandersetzen.

Kommentar zum Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden

Martin Zweifel / Michael Beusch (Hrsg.)

Kommentar zum Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden

2022 (4., überarbeitete Auflage), 2116 Seiten

CHF 428.–

Helbing Lichtenhahn Verlag, Basel

Bestellungen unter www.cosmosverlag.ch

Gestützt auf diverse Gesetzesrevisionen sowie die Entwicklungen in der Rechtsprechung wurde der Kommentar zum StHG verdienstvollerweise stark überarbeitet und in 4. Auflage neu herausgegeben. Die Aufgabe der beiden Herausgeber ist für ein so umfassendes Werk höchst anspruchsvoll, zumal ein grosses Autorenteam von rund 60 Steuerspezialistinnen und -Spezialisten mitgewirkt hat.

Aufgrund der vertikalen Steuerharmonisierung decken sich die Regeln des StHG in vielen Bereichen mit denjenigen der direkten Bundessteuer und dementsprechend ähnlich sind viele Lehrmeinungen bzw. die Rechtsprechung in diesem Bereich. Die vorliegende Rezension kann nicht auf das gesamte Werk eingehen und greift deshalb stellvertretend ein paar Themen heraus, die bei der direkten Bundessteuer nicht oder weniger relevant sind.

Dazu gehört einmal die Grundstückgewinnsteuer. Die Kommentierung zu Art. 12 ist besonders wertvoll, weil die bundesrechtlichen Vorgaben diesbezüglich nicht sehr engmaschig sind bzw. einigen Gestaltungsspielraum offenlassen. Dementsprechend sind die kantonalen Steuergesetze recht unterschiedlich und die kantonalen Kommentare fokussieren sich in der Regel primär auf das kantonale Recht. Der vorliegende Kommentar bietet (beispielsweise Studierenden) einen guten Einstieg in das Grundstückgewinnsteuerrecht, geht aber bei sehr vielen Fragen auch in die Tiefe mit einer Ausleuchtung von Lehre und Rechtsprechung. Wer noch weiter in die Tiefe gehen will, kann seit 2021 das Werk Schweizerisches Grundstückgewinnsteuerrecht von Martin Zweifel/Silvia Hunziker/Olivier Margraf/Stefan Oesterhelt bzw. diverse kantonale Kommentare heranziehen.

Der vorliegende StHG-Kommentar beleuchtet (erstmals) auch zahlreiche Neuerungen, die sich nur auf kantonaler Ebene aus der STAF ergeben, wie z. B. Art. 24a und 24b (Patentbox-Besteuerung), Art. 24c (Aufdeckung stiller Reserven bei Beginn der Steuerpflicht) bzw. Art. 24d (Besteuerung der stillen Reserven am Ende der Steuerpflicht), Art. 25a (Zusatzabzug für Forschungs- und Entwicklungskosten) und Art. 25b (Entlastungsbegrenzung).

Herauszustreichen sind ferner zahlreiche Kommentarstellen zum Verfahrensrecht, besonders der neue (erst ab dem 1. Januar 2024 in Kraft tretende) Art. 38b betreffend die elektronische Steuererklärung.

Punktuell findet man im StHG-Kommentar auch Aussagen zu Querschnittsthemen wie etwa dem Trust, obschon entsprechende Regeln bekanntlich nicht kodifiziert sind, so namentlich in Rz. 11 ff. zu Art. 13 (betreffend die Vermögenssteuer) oder Rz. 51 ff. zu Art. 26 (betreffend die Gewinnermittlung von Vereinen, Stiftungen und kollektiven Kapitalanlagen). Hilfreich wären Hinweise zur Trustbesteuerung namentlich auch bei den Einkommens- und Grundstückgewinnsteuern.

Insgesamt gebührt den Herausgebern und Autoren des StHG-Kommentars Anerkennung und Dank für diese grosse Arbeit. Das Werk ist allen zu empfehlen, die sich in Lehre und Praxis mit Fragen des harmonisierten Steuerrechts auseinandersetzen.